Tell Halaf Grabungsprojekt
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Besiedlungsperioden

Dr. Jörg Becker/Prof. Dr. Mirko Novák/Elisabeth Katzy, M.A.

Zur prähistorischen Besiedlung am Tell Halaf
(7.-4. Jt. v. Chr. – Neolithikum und Chalkolithikum)
Der Tell Halaf ist u.a. namengebender Fundort der spätneolithischen Halaf-Kultur, die sich aus älteren Wurzeln des keramischen Neolithikums herleiten lässt. Diese bäuerlich-dörfliche Kultur verbreitete sich im Zeitraum von ca. 6000–5300 v. Chr. im gesamten nordmesopotamischen Raum, also im Bereich des nördlichen „Fruchtbaren Halbmonds“ (Abb. 1).
Die frühen Ausgrabungen am Tell Halaf unter Max von Oppenheim erbrachten zwar in großem Umfang charakteristische Buntkeramik der Halaf-Zeit sowie Kleinfunde (Siegel, Terrakotten, etc.) (Abb. 2). Es gelang aber nicht, aus den prähistorischen Schuttmassen entsprechende Bauschichten herauszupräparieren. Erschwert wurde dies nicht zuletzt durch die Tatsache, dass zur Halaf-Kultur charakteristische Rundbauten als primäre Wohn- und Arbeitsbereiche gehören, und nur vereinzelt Rechteckbauten vor allem als Speichergebäude vorkommen. Bei der Freilegung solcher Bauten bedeutet dies eben auch in runden Strukturen zu denken.

Die primären Ziele der neuen Untersuchungen der prähistorischen Schichten sind:
- die Erarbeitung einer detaillierten Stratigraphie
- auf größerer Fläche entsprechende Gebäude für die einzelnen Siedlungsschichten freizulegen
- ergänzend zur Auswertung der Keramik und Kleinfunde sowie der Untersuchung der Tierknochen und botanischen Reste, die wichtige Hinweise zur Lebensgrundlage (Verhältnis von Ackerbau, Viehhaltung und Jagd) liefern, soll die gesellschaftliche Entwicklung am Ort über einen Zeitraum von rund 3000 Jahren untersucht und in ihren kulturhistorischen Kontext gestellt werden.

Eisenzeit
Aus der gesamten Bronzezeit (3000–1200 v. Chr.) liegen nur wenige, vereinzelte Artefakte vor, sodass sich die Hauptsiedlungsaktivitäten in dieser Zeit wohl auf den benachbarten Tell Fecheriye verlagert haben (http://www.fecheriye.de/). Erst zu Beginn der Eisenzeit wurde der Hügel wieder besiedelt.

Vereinzelte Scherben der handgemachten anatolischen »Rillenkeramik« deuten auf eine kurzzeitige Besiedlung des Ortes durch ostanatolische Einwanderer während der frühen Eisenzeit (1200-1000 v. Chr.) hin.
Bereits seit dem 13. Jh. v. Chr. zeugen mesopotamische und syrische Quellen von der sukzessiven Einwanderung aramäischer Nomaden. Um 1000 v. Chr. gründeten sie in Syrien und Mesopotamien eine Anzahl von kleineren Fürstentümern. Dazu gehörte auch Bit-Bachiani mit seiner Hauptstadt Guzana, die mit dem Tell Half gleichzusetzten ist.

Nur wenige Namen der frühen aramäischen Herrscher sind bekannt: Hierbei ist vor allem Kapara, Sohn des Hadianu, zu nennen, der an der Wende vom 10. zum 9. Jh. v. Chr. das als »West-Palast« bekannte »Hilani« mit dem benachbarten Skorpionentor errichten ließ. Die Aramäerstaaten blieben offensichtlich weitgehend autonom, abgesehen von Tributzahlungen die auch an die Könige Tukulti-Ninurta II. (890–884 v.Chr.) und Assurnasirpal II. (883–859 v.Chr.) geleistet werden mussten. In dieser Zeit regierte der Herrscher Adad-it´i in Guzana, dessen Statue mit einer aramäisch-assyrischen Bilingue in Tell Fecheriye gefunden wurde.

Nach einem Aufstand im Jahr 808 v. Chr. wurde Guzana von Adad-nerari III. (810–783 v. Chr.) erobert und dem Assyrischen Reich einverleibt (Abb. 3-4). Im Jahre 793 v. Chr. bekleidete mit Mannu-ki-Assur, dessen Verwaltungsarchiv im Tell Halaf gefunden wurde, erstmalig ein Statthalter von Guzana das assyrische Eponymat. In der Folgezeit verblieb die Stadt im Assyrischen Reich bis zu dessen Untergang zwischen 612 und 609 v. Chr.

Hellenismus bis Neuzeit
In hellenistischer Zeit war der Ort weiterhin besiedelt und ist bei Ptolemäus (ca. 100–175 n. Chr.) als Landschaft Gauzanitis überliefert. Die bisherige Untersuchung der hellenistischen Epoche am Tell Halaf zeigt, dass der Ort mit der Entstehung des Seleukiden-Reiches vom Ende des 4. Jh. bis ins 2. Jh. v. Chr. vermutlich zu der seleukidischen Einflusssphäre des kleinen Regionalzentrums in Antiocheia Kallirhoe (Edessa) gehörte. Mit der Zeit nach der Entstehung des Fürstentums von Edessa/Osrohene im Jahre 133/2 v. Chr. blieb er zwar im Einflussgebiet derselben Stadt, die jedoch ab jetzt bis zum Beginn des 1. Jh. v. Chr. unter parthischer Herrschaft stand. Diese Tatsachen finden ihre Bestätigung bei allen bisher bekannten Funden (d.h. in der Keramik, den Kleinfunden und im Münzmaterial), einschließlich des Altmaterials. Am Ende des 1. Jh. v. Chr. lässt sich eine langsame Aufgabe der Siedlung beobachten, die vermutlich mit der Siedlungsverlagerung auf den benachbarten Tell Fecheriye zusammenhängt (Abb. 5-6).

Im islamischen Mittelalter existierte auf dem Tell Halaf eine kleine Siedlung. Zur Zeit Max von Oppenheims siedelten lediglich Nomaden in der Umgebung des Ruinenhügels. Die heutige Ortschaft Tell Halaf entstand in den 1970er Jahren durch die Umsiedlung von arabischen Bauern aus dem gefluteten Gebiet des Tabqa-Staudammes.

Vergleichende Phasengliederung und Periodisierung

1Verbreitungsgebiet der nordmesopotamischen Halaf-Kultur
2Keramik und Terrakotten vom Tell Halaf (aus: Martin / Cholidis 2002: Abb. 25/26)
3Glasierter Becher aus der Neuassyrischen Zeit (Foto: G. Mirsch)
4Spitzbecher aus der neuassyrischen Zeit (Foto: G. Mirsch)
5Spätparthischer Goldohrring (Foto: D. Vogel)
6Reiterterraktotte aus parthischer Zeit (Foto: G. Mirsch)