Tell Halaf Grabungsprojekt
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Forschungsgeschichte

Dr. Lutz Martin

Die aktuellen Forschungen blicken auf eine Reihe älterer Untersuchungen zurück, die mit den ersten Unternehmungen des Forschungsreisenden Max Freiherr von Oppenheim beginnen, der den Ort während einer Reise durch Syrien, Obermesopotamien und Südostanatolien entdeckt hat.

Zur Person Max Freiherr von Oppenheim
Der Fundort Tell Halaf wurde von Max Freiherr von Oppenheim (1860-1946), der aus einer reichen Kölner Bankiersfamilie stammte, 1899 entdeckt (Abb. 1). Zu dieser Zeit war Oppenheim als Attaché am Kaiserlichen Generalkonsulat in Kairo beschäftigt.

Die Entdeckung von Tell Halaf (1899)
Durch Hinweise der örtlichen Bevölkerung wurde er auf den Tell Halaf aufmerksam, an dem Skulpturen in einem bis dahin unbekannten Stil zu Tage getreten waren. Da von Oppenheim nicht im Besitz einer gültigen Grabungslizenz war, musste er die von ihm sofort angelegten Sondagen mit bereits freigelegten Bildwerken wieder zuschütten.

Erste Grabungskampagne (1911-1913)
Es dauerte bis 1911, ehe Max von Oppenheim nach dem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Amt die Gelegenheit erhielt, die Ausgrabungen auf dem Tell Halaf aufzunehmen (Abb. 2). Finanziert wurde das Unternehmen, das ohne Unterbrechung bis 1913 andauerte, aus seinem Privatvermögen, das er sich aus seinem Erbe ausbezahlen ließ. Der Erste Weltkrieg und die folgenden wirtschaftlichen Turbulenzen verhinderten eine Fortsetzung der Ausgrabungen.

Rückkehr nach Tell Halaf (1927) und letzte Grabungskampagne (1929)
Erst 1927 konnte Max von Oppenheim nach Tell Halaf zurückkehren, um die in seinem 1920/21 zerstörten Grabungshaus gelagerten Bildwerke zu bergen.
1929 wurde dann schließlich eine weitere und vorerst letzte Ausgrabungskampagne durchgeführt. Eine für 1939 vorgesehene Wiederaufnahme der Grabungen kam angesichts der politischen Lage vor Beginn des II. Weltkrieges nicht mehr zustande.

Errichtung des privaten Tell Halaf-Museums in Berlin Charlottenburg
Die folgenden Jahre widmeten sich Max Freiherr von Oppenheim und seine Mitarbeiter der Aufarbeitung der Ergebnisse und der Präsentation seiner Funde, die einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden (Abb. 3-4). Hierzu richtete er 1930 in einer von der Technischen Universität Berlin überlassenen Versuchshalle, einer ehemaligen Eisengießerei, ein eigenes Tell Halaf-Museum und im benachbarten Direktorialgebäude ein Forschungsinstitut ein. Beide Bauten wurden bei den alliierten Luftangriffen 1943 schwer getroffen und weitgehend zerstört. Aus den Ruinen des Museums ließ der damalige Direktor der Vorderasiatischen Abteilung, Walter Andrae, Basalttrümmer der ausgestellten Denkmäler bergen. Erst knapp 60 Jahre später wurde begonnen, aus über 27.000 Fragmenten Bildwerke, Architektursteine, Steingeräte und Steingefäße wieder zusammenzusetzen (www.tell-halaf-projekt.de).

Veröffentlichung erster Grabungsergebnisse
Die archäologischen Ergebnisse wurden in einem »Vorbericht« (1931) und vier Bänden der Endpublikation (ab 1943 bis 1962), die Textfunde in einer weiteren Monographie (1941) veröffentlicht. Die Erstellung der Endpublikation erfolgte unter erheblicher Beeinträchtigung durch die Zerstörung des Berliner Tell Halaf-Museums, dem auch ein großer Teil der Dokumentation zum Opfer gefallen war. Lediglich der erste Band über die prähistorischen Funde wurde noch vor der Bombardierung des Museums und zu Lebzeiten Oppenheims vollendet. Der Bearbeiter des 1950 erschienenen Architekturbandes, R. Naumann, musste bei seiner baugeschichtlichen Interpretation der Befunde von den seinerzeit in Tell Halaf vom Grabungsarchitekten F. Langenegger aufgestellten Deutungen ausgehen, dessen Grabungstagebuch erhalten geblieben ist, während seine Original-Aufnahmezeichnungen zum großen Teil verloren gingen. Eine Datierung der Schichten aufgrund der aus ihnen geborgenen Objekte war dem Verfasser wegen des Verlustes der Fundjournale nicht mehr möglich. Die Bildwerke des Tell Halaf wurden 1955 von A. Moortgat vorgelegt, der auf der Grundlage der seit dem Erscheinen des »Vorberichtes« 1931 deutlich gewachsenen Kenntnisse über die Entwicklung der nordsyrischen Bildkunst eine Korrektur der seinerzeit von M. von Oppenheim und E. Herzfeld vorgeschlagenen hohen Datierung der Reliefs vornehmen konnte. Da auch der Bearbeiter des 1962 erschienenen Bandes über die Kleinfunde, B. Hrouda, nicht mehr auf die Fundjournale zurückgreifen konnte, war eine Korrelation von Fundschichten und Kleinfunden nur in wenigen Fällen möglich.

Tell Halaf in der Forschung
Ungeachtet der Mängel, welche die Endpublikationen aufgrund der schwierigen Ausgangslage aufwiesen, bildeten sie die Grundlage einer regen wissenschaftlichen Diskussion, die sich in den folgenden Jahrzehnten zu Funden und Befunden aus dem Tell Halaf entwickelte. Insbesondere die Datierung der Bildwerke wurde wiederholt kontrovers diskutiert. Die Vorschläge für eine Einordnung des Bauherrn Kapara von Guzana, der die Bildwerke an seinen Bauten anbringen ließ, schwanken auch heute noch zwischen 950 und 800 v. Chr. Unter den Kleinfunden erregten vor allem die Elfenbeinarbeiten die besondere Aufmerksamkeit mehrerer Forscher.

Restaurierungsprojekt
Bis Anfang der 1990er Jahre befanden sich im Rohrkeller des Pergamonmuseums in Berlin die Trümmer der Bildwerke aus dem im November 1943 von einer Phosphorbombe getroffenen Tell Halaf-Museum. Alle Kalkstein-Orthostaten und Gipsabgüsse verbrannten in den Flammen und die erhitzten Bildwerke aus Basalt zerbarsten durch das Löschwasser. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ließ eine erste systematische Sichtung der Überreste 1993 erkennen, dass einzelne Denkmäler wieder herzustellen seien (Abb. 5-6).
In neun Jahren sind von 2001 bis 2010 aus mehr als 27.000 Bruchstücken alle Basaltbildwerke des ehemaligen Tell Halaf-Museums wieder zusammengesetzt worden und stehen damit der Öffentlichkeit und der Wissenschaft wieder zur Verfügung. Im Januar 2011 wurden die Ergebnisse der Arbeiten des Restaurierungsprojektes in der Ausstellung "Die geretteten Götter aus dem Palast von Tell Halaf" (http://www.gerettete-goetter.de) im Pergamonmuseum der Öffentlichkeit präsentiert.

1Max Freiherr von Oppenheim (Foto: Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung)
2Fund der sog. "Thronenden Göttin" 1912 (Foto: Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung)
3Direktorialgebäude (Foto: Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung)
4Erster Hauptraum im Tell Halaf-Museum um 1930 (Foto: Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung)
5Die große Sortierhalle mit tausenden Bruchstücken 2003 (Foto: S. Geismeier)
6Skulptur einer Löwin während der Restaurierungsarbeiten (Foto: C. Schneider)