Tell Halaf Grabungsprojekt
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Grabungsstelle D

Prof. Dr. Winfried Orthmann

Der „Kultraum“
Der „Kultraum“ im Bereich der Unterstadt wurde 1912 bei Arbeiten am Grabungshaus Max v. Oppenheims zufällig entdeckt. Er konnte erst im Sommer des Jahres 1913 eingehender untersucht werden, da dazu Teile des Grabungshauses abgerissen werden mussten. Der Kultraum liegt am Nordrand des Grabungsbereichs eines Wohnquartiers mit mindestens zwei Bauschichten, das im Süden bis an die Stadtmauer reicht (Abb. 1). Der Kultraum ist der einzige bisher in Tell Halaf entdeckte Sakralbau der vorassyrischen Zeit. Ob er dem Kult einer Gottheit oder der Ahnenverehrung diente, lässt sich nicht sicher entscheiden.

Da die Grabung 1913 in großer Eile erfolgte, blieben viele Fragen ungeklärt, so auch die der Einordnung in die Stratigraphie der südlichen Unterstadt. Sie können nur auf der Grundlage erneuter Ausgrabungen beantwortet werden. Diese werden jedoch dadurch erschwert, dass der gesamte Bereich des früheren Grabungshauses und seiner Umgebung seit etwa 30 Jahren durch Gehöfte von hierher umgesiedelten früheren Bewohnern des Euphrattals überbaut wurde.

Aufgrund einer Vereinbarung mit einem der Hausbesitzer konnte 2007 in seinem Hof eine Sondage angelegt werden, durch die ein Teil der Nordmauer des Vorraums des Kultbaus und das unmittelbar nördlich anschließende Gelände erfasst wurde (Abb. 2). Wie zu erwarten war der südliche Teil dieses Schnittes dadurch gestört, dass beim Bau des Expeditionshauses an dieser Stelle ein Brunnen angelegt worden war. Die Nordmauer des Kultbaus konnte jedoch deutlich erfasst werden.

Oberhalb dieser Mauer und in einer nach Norden zu ansteigenden Linie ließ sich die Untergrenze der Ausgrabung von 1913 erkennen, die seinerzeit wieder verfüllt worden war; in der Verfüllung fanden sich zahlreiche Funde aus der Grabungszeit.

In dem ungestörten Nordteil des Schnittes zeigten sich ein oberes Fußbodenniveau und ein Mauerrest der Eisenzeit, die ca. 1,20m über der Begehungsfläche des Kultraums lagen (Abb. 3). Auch wenn sich aufgrund der Störung durch die früheren Grabungen keine stratigraphische Verbindung zu dem Kultraum herstellen lässt, ist doch anzunehmen, dass dieser zur Zeit dieser oberen Bauschicht nicht mehr in Benutzung gewesen ist.

Unmittelbar unter der Unterkante der Nordmauer des Kultbaus wurde der gewachsene Boden erreicht. Damit ist sichergestellt, dass diese Anlage zur ältesten Bauschicht in diesem Bereich der Unterstadt des Tell Halaf gehört.

1Übersichtsplan (Autor: W. Orthmann)
2Lage der neu angelegten Sondage im „Kultraum“ (Autor: W. Orthmann)
3Arbeitszustand während der Kampagne 2007 (Foto: G. Mirsch)