Tell Halaf Grabungsprojekt
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Grabungsstelle A

Raphaela Heitmann M.A.

In der zweiten Kampagne wurde ebenfalls in mehreren Bereichen innerhalb des Sektors A gleichzeitig gearbeitet. Die interessantesten Ergebnisse lieferten die Grabungen an der Nordostecke des Westpalastes sowie die Areale auf dem Lehmziegelmassiv.

West-Palast
Die Untersuchungen an der Nordostecke des West-Palastes ergaben wichtige Ergebnisse zur Baugeschichte des Gebäudes, sowie zu der älteren Bebauung in diesem Bereich. Bereits während der 1. Kampagne konnte das Team B nordöstlich des West-Palastes eine ältereisenzeitliche Mauer (Gebäude A 4) mit zwei Vorsprüngen freilegen. In diesem Jahr sollte der westliche Teil dieses Gebäudes durch das Team A untersucht werden. Es zeigte sich aber aufgrund der Altgrabungen, dass nur ein Teil der Nord- und der Westmauer des Gebäudes A 4 erhalten geblieben war. Der südliche Teil war dagegen durch den Bau des West-Palastes (Gebäude A 2) geschnitten worden, so dass über die Ausmaße des Gebäudes keine Aussagen mehr möglich sind. Ein Fußbodenniveau war leider ebenfalls nicht erhalten, da hier während der Altgrabungen eine Tiefsondage („Brunnengrabung“) angelegt worden war (Abb. 1). Eine exaktere zeitliche Einordnung dieses Gebäudes kann zurzeit noch nicht vorgenommen werden.

Während die alten Ausgräber noch davon ausgingen, dass der West-Palast auf den Mauerstümpfen eines Vorgängerbaus, des sogenannten „Altbaus“, gegründet worden war, lässt sich dies nach den neuen Untersuchungen nicht bestätigen. Die Unterscheidung zwischen „Altbau“ und Tempelpalast wurde von den damaligen Ausgräbern hauptsächlich an der unterschiedlichen Konsistenz und Farbe der Lehmziegel, die für die Konstruktion des Bauwerks verwendet wurden, festgemacht. Danach sollen für den „Altbau“ helle, sehr feste Ziegel verbaut worden sein, während für den „Tempelpalast“ rote Ziegel Verwendung fanden. Bei den diesjährigen Untersuchungen an der Nordostbastion stellte sich jedoch heraus, daß die beiden ersten Gründungslagen aus roten Ziegeln bestehen und dann mehrere Lagen gelben Ziegel folgen, im weiteren Wechsel mit roten Ziegeln. Desweiteren konnte festgestellt werden, daß das Fundament des Gebäudes in eine ca. 3,00 m tiefe Baugrube gesetzt wurde, die ihrerseits in eine sehr feste, homogene Lehmerde eingetieft worden war. In der Grabungspublikation von 1950 ist in diesem Zusammenhang von einer Anschüttung an die Mauern des Unterbaus die Rede. Eine Anschüttung an das Gebäude erscheint wenig plausibel, da im „Anschüttungsmaterial“ vier Lagen Lehmziegel festgestellt worden sind, die zu einer älteren Bebauung vor der Errichtung des West-Palastes gehören müssen (Abb. 2).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nach den jetzigen Befunden der West-Palast nicht auf den Mauerstümpfen eines Vorgängerbaus errichtet worden ist. Falls es diesen Altbau gegeben hat, ist er vor Errichtung des West-Palastes abgetragen worden. Stattdessen konnte aber eine mehrphasige ältereisenzeitliche Bebauung im westlichen Teil der Zitadelle festgestellt werden.

Lehmziegelmassiv
Die im Vorjahr begonnenen Arbeiten im Bereich des Lehmziegelmassivs wurden in diesem Sommer weiter ausgedehnt, mit dem Ziel, auf großer Fläche auf das Niveau des Gebäudes A1 abzutiefen.

Dabei konnten zunächst umfangreichere Kenntnisse zur Struktur der hellenistischen Architekturbefunde des Vorjahres gewonnen werden: Zwei Räume können diesem Gebäude (A 3) mittlerweile zugeordnet werden. Sie sind durch einen Türdurchgang mit Schwelle miteinander verbunden. In dem westlichen Raum A 3:AA befand sich in der Achse des Durchganges eine Säulenbasis. Von dessen Nordbegrenzung konnten nur noch wenige Mauerreste festgestellt werden. Eine westliche Begrenzungsmauer war nicht mehr erhalten und ist vermutlich während der Altgrabungen abgebaut worden. Auch von dem östlich anschließenden Raum A 3:AB im neu eröffneten Nachbarareal A6906 konnte die östliche Abschlussmauer nicht mehr festgestellt werden. Die in diesem Areal noch gut erkennbaren aber nur noch in drei Lagen hoch anstehenden Mauern waren auf einer kompakten Gründung aus Stampflehmmauern errichtet worden. Das aufgehende Mauerwerk war teilweise noch mit einem weißlichen Lehmverputz versehen.

Das Niveau des assyrischen Gebäudes (A 1) wurde in Areal 6906 auf kleiner Fläche erreicht (Abb. 3-4). Es handelt sich um eine Freifläche östlich des Raumes A 1:AA, deren Begehungsfläche aus Basaltsteinen und einem teilweise darüber gelagerten Kieselpflaster besteht. Eine Klärung dieses Befundes und seiner Zugehörigkeit zum Gebäude A 1 erhoffen wir uns von den zukünftigen Grabungen.

Weitere Untersuchungen fanden in den Arealen 7009 und 7010 östlich der Lehmziegelterrasse statt. Die architektonischen Befunde, sowie die Keramik und die Kleinfunde können nach dem derzeitigen Stand in die hellenistische Zeit datiert werden. Eine genauere Interpretation dieser Strukturen ist noch nicht möglich.

Der Fund einer Bronzefibel im Nordprofil des Areals 7009, in dem die Mauer Inst.55 zum Teil frei präpariert werden konnte, deutet auch in diesem Bereich auf eine neuassyrische Bebauung hin.

1Ältere eisenzeitliche Bebauung vor dem Fundament der Nordost-Bastion des West-Palastes (Foto: G. Mirsch)
2Ostprofil mit Baugrube des Fundamentes der Nordostbastion (Foto: G. Mirsch)
3Gepflasterter Hofbereich des Gebäudes A1 mit hellenistischer Grube (Foto: G. Mirsch)
4Kleiner vollständiger Becher aus Keramik, 7. Jh. v. Chr. (Foto: G. Mirsch)